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Alternative Weltgeschichte
Dürers Schlüsselbilder
Gemälde zählen bisher zu den wichtigen und zuverlässigen Quellen der
Weltgeschichte. Das ändert sich.
Viele Künstler hinterlegten - bislang unentdeckt - in ihren
Gemälden
Hinweise auf den Inhalt der Werke. Sie dokumentieren damit eine Alternative
Weltgeschichte, die nicht im Einklang zu der in
Schulbüchern dokumentierten Weltgeschichte steht.
Das hierbei verwendete Instrumentarium stammt aus der frühen Zeit der
Astronomie und Astrologie, als man den Lauf der Gestirne
protokollierte, um für Saat, Ernte und andere wichtige Termine gerüstet
zu sein. Man "horoskopierte" und legte umfangreiche Listen an,
die
sogenannten Ephemeriden, aus denen man erwartete Termine ablas.
Diese Listen taugten vorwärts und rückwärts, zum Datieren des Kommenden
sowie des Vergangenen.
Handlich wurde dieses Instrumentarium, als man verstand, statt der
sperrigen Listen einfach ablesbare Plaketten zu verwenden, auf denen
ein Datum genauso zu sehen war wie die Tageszeit auf einer
Kirchturm-Uhr.
Man hatte damit einen Stempel, der stunden-, tages-, monats-
oder jahresgenau verwendet werden konnte.
Genau
solch einen Stempel hinterlegten die Künstler kollektiv in ihren
Gemälden. Sie bedienten sich dabei einer Darstellung, wie man sie von
sogenannten Astronomischen Uhren kennt: im Kranz einer Uhr ist die
Position der Planeten und der Sonne auf ihrer täglichen / nächtlichen
Wanderung durch die Sternbilder exakt abgebildet - je nach mechanischem
und darstellendem Aufwand genau bis in die Stunde, den Tag, die Woche,
den Monat oder das Jahr.
Die Künstler verabredeten ihren Stempel jahresgenau:
das Bild
der Planeten- und Sonnenwanderung durch die Sternbilder genau am 1.
September
null Uhr jenes Jahres, in dem das Werk entstand. Und um diesem
Astro-Stempel zusätzliche "Standard"-Bedeutung zu geben, verpaßten sie
ihm zwei
weitere Eich-Merkmale. Zum einen einigten sie sich auf das
sogenannte Häusersystem des Morinus und zum anderen bei der Wahl des
Ortes, wo das Bild der Planeten- und Sonnenwanderung festgehalten
wird, auf Paris (dort waren ja schon Urmeter und Urkilogramm
verabredet).
Die Standardisierung von Zeit und Ort hat zur Folge, daß
Tierkreiszeichen sowie Sonne in der Stempel-Uhr ihren Platz nie
verlassen. Sie sind feste Marken. Allein die Planeten nehmen im Kreis
jedes Jahr einen neuen Platz ein und
geben damit dem Stempel das Unverwechselbare.
Der Künstler kann sein Werk auf gleichsam ewig datieren, wenn er in den
Bildaufbau die Struktur dieses unverwechselbaren Stempels aufnimmt.
Zahllose Künstler nutzten das. Nicht allein zum Ewig-Datieren. Sondern
auch zum Berichten von einer Alternativen Weltgeschichte.
Einer der hierin virtuosen Künstler ist Albrecht Dürer. Er fertigte
regelrechte Schlüsselbilder, um zu vermitteln: Schaut das Werk genau
an, noch genauer. Es zeigt mehr als es zeigt.
Zu diesen Schlüsselbildern zählen Melencolia sowie das Bild des Engels
mit den Schlüsseln zum Abgrund. Während Dürer in Melencolia eher
technische Aspekte des Erzeugens von Kalendern betont und hierfür auch
die Tierkreiszeichen in Szene setzt, faßt er im Engelbild Anlaß und
Grundlage des Glaubens der Christen ins Auge.
Das wirft die Frage auf: Warum wollten Künstler mehr zeigen als das,
was offizielle Deuter ihrer Werke als offizielle Botschaft beschreiben?
Die Antwort ist einfach: sie wollten das zeigen, was das Offizium nicht
zu zeigen erlaubte.
Unerhört war bis heute beispielsweise zu glauben, der offizielle
(christliche) Kalender sei falsch und habe tausend Jahre zu viel.
Melencolia widerspricht dem Offizium. Mittels
Künstler-Datumstempel,
aber auch mittels eines Landschaft-Details. Die Lupe zeigt unter dem Tageslichtkometen
von 1843 den Seerhein, das Ufer der Reichenau sowie
die unter Abt Hatto (888-913) erbaute Abteikirche St. Georg.
Dürer lenkt mit diesem Landschafts-Detail die Aufmerksamkeit auf die Reichenauer
Buchmalerei und deren "liturgischen Prachthandschriften",
gefertigt "um das Jahr 1000".
Vorgestellt wird in diesen Handschriften auch Kaiser Otto III.
Otto war der Sohn von Kaiser Otto II. und dessen Frau Theophanu und
wurde nach offizieller Darstellung im Jahr 980 geboren.
Mehr
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Astronomische
Uhr an der Ostfront des Ulmer Rathauses, aufgenommen von Joachim
Köhler. Die Uhr zeigt an: Köhler machte die Aufnahme am Mittag des
4. November
2006.
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Das
von der Ulmer Astronomischen Uhr gezeigte Datum kann man auch so
darstellen: im äußeren Ring sieht man die Tierkreiszeichen
(die Ulmer
Uhr zeigt sie im zweiten Ring von außen), im Kreis
selbst die über den Himmel wandernden Planeten und die Sonne
(in der
Ulmer Uhr sieht man etliche auf Zeigern) sowie die
Beziehungslinien zwischen den Himmelskörpern (Astrologen sprechen bei
diesen Beziehungen von Aspekten; deren Deutung interessiert hier
genauso wenig wie die Numerierung der sogenannten Häuser im inneren
Ring). |
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So
sieht der Standardstempel des Jahres 2006 aus. Er unterscheidet sich
von dem anderer Jahre nur in der Plazierung der Planeten. Die Position
der Sonne sowie der Tierkreiszeichen im äußeren Ring bleibt starr
(ebenso wie die schon angesprochene, hier aber bedeutungslose
Numerierung der "Häuser"). Zum Vergleichen ist unten der
Standardstempel des Jahres 2007 gezeigt. |
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Standardstempel
des Jahres 2007. Vergleicht man die Positionen der Planeten mit jenen
des Jahres 2006 (beispielsweise ab dem Tierkreiszeichen des
Wassermann
- rechts oben mit Doppelwelle - im Uhrzeigersinn), dann findet
man dort
wieder den Planeten Neptun auf gleicher Position wie in 2006.
Aber
bereits Pluto ist neu plaziert. Er rückt hoch zur Waagerechten.
Luna
verläßt ihn und nimmt im annähernd gegenüberliegenden Zeichen des
Widder Platz. Jupiter wiederum nähert sich Pluto an. Mars
steht 2006
mit Sonne und Merkur im Zeichen der Jungfrau. 2007
nimmt er bei den
Zwillingen Platz, während Merkur lediglich die Sonnenseite wechselt -
zum vorigen Platz von Mars. Das Pärchen Venus und Saturn
bleibt im
Löwen, rückt aber auseinander und tauscht dabei die Plätze. Das
Schleifensymbol des Mondknotens (2006 ganz oben, gleichsam im
Zenith)
bleibt im Bild der Fische, überholt aber Uranus und rückt näher
zu
Neptun. Einst hieß der Mondknoten auch Drachenpunkt (im Schlund des
Drachen verschwanden Sonne oder Mond - zu Zeiten der Sonnen- oder
Mondfinsternis); die Ulmer Uhr zeigt diesen Drachen, auf einen Zeiger
gespießt, nach Fischen schnappend. |
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Melencolia-Bildausschnitt
mit der Uferlandschaft der Insel Reichenau, Bodensee und der
Abteikirche St. Georg. Dürer verweist mit dieser symbolhaften
Darstellung auf die von dort stammenden "liturgischen
Prachthandschriften", gefertigt "um das Jahr 1000", zu denen das unten
gezeigte Bild gehört. |
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Dieses
Bild, gefertigt von einem "Meister der Reichenauer Schule", stammt aus
dem Evangeliar Kaiser Ottos III. und zeigt den thronenden Herrscher.
Das Bild wird in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrt.
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